Uebermittelte Golem.de-News vom 02.07.2012:
Meldeaemter: Widerspruch schuetzt vor Datenhandel nicht
Wer nicht will, dass Meldeaemter seine Daten an Adresshaendler und Werbetreibende herausgeben, hat Pech gehabt. Selbst ausdruecklicher Widerspruch nutzt kuenftig nichts mehr.
Das am Freitag im Bundestag verabschiedete Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens koennte auch Gesetz zur Rueckentwicklung des Datenschutzes heissen. Denn genau das beinhaltet der von der Opposition heftig kritisierte Entwurf, der noch den Bundesrat passieren muss. Eine Gegenwehr ist kaum moeglich.
Besonders veraergert sind SPD, Gruene und Linke ueber die beabsichtigte Aufweichung zur Weitergabe von Daten aus den Melderegistern an Adresshaendler und Werbetreibende. Die Regierung hatte urspruenglich angekuendigt, den Datenschutz der Buerger an dieser Stelle zu staerken. Die Weitergabe von Namen, akademischen Titeln und Anschriften sollte nur noch nach einer ausdruecklichen Einwilligung der Betroffenen moeglich sein, nach einem sogenannten Opt-in. Woertlich hiess es im Gesetzentwurf vom September 2011, die Daten duerften nicht fuer Werbung oder den Adresshandel verwendet werden, "es sei denn, die betroffene Person hat in die Uebermittlung fuer jeweils diesen Zweck eingewilligt".
Doch dann protestierten Direktmarketing- und Inkassounternehmen - und die Bundesregierung knickte ein. Im nun verabschiedeten Gesetz heisst es: "Die betroffene Person hat das Recht, der Uebermittlung ihrer Daten [...] zu widersprechen; sie ist auf dieses Recht bei der Anmeldung [...] sowie einmal jaehrlich durch ortsuebliche Bekanntmachung hinzuweisen." Aus dem Opt-in, also der ausdruecklichen Zustimmung, wird also ein Opt-out. Die Datenweitergabe wird damit zum Standard, es sei denn, jemand widerspricht ausdruecklich.
Schutz wird ausgehebelt
Diese schwaechere Option wird ausserdem durch einen Zusatz im Gesetz noch weiter entwertet. Dieser besagt, der Widerspruch gelte nicht, "wenn die Daten ausschliesslich zur Bestaetigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden".
Genau das ist aber eigentlich immer der Fall, kritisiert die stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Gabriele Fograscher: "Da man fuer die Melderegisterauskunft immer bereits vorhandene Daten benoetigt, wird es sich stets um eine Bestaetigung oder Berichtigung vorhandener Daten handeln. Das ist ein dramatischer Rueckfall sogar hinter die Regelungen der bisherigen Gesetzeslage."
Peter Schaar, Bundesbeauftragter fuer den Datenschutz, sieht das aehnlich. Seine Behoerde weist zwar darauf hin, dass ein Widerspruch jederzeit moeglich ist und dass es Musterschreiben gibt, an denen sich die Buerger orientieren koennen. So biete etwa das Land Berlin ein Formular zum Widerspruch gegen Auskuenfte zu Wahlwerbezwecken zum Download an.
Schaar: Widerstand ist zwecklos
Eine moegliche Formulierung fuer den Widerspruch gegen die sogenannte einfache Melderegisterauskunft koennte auf dieser Grundlage lauten: Ich widerspreche gem. MeldFortG § 44 Abs. 1 Satz 3 der Erteilung von einfachen Melderegisterauskuenften zu Zwecken der Werbung oder des Adresshandels. Dieser Widerspruch muss schriftlich beim zustaendigen Meldeamt eingereicht werden, mitsamt Name, Anschrift, Datum und Unterschrift. Gegen das Modell, bei dem die Daten fuer eine Berichtigung abgefragt werden, hilft das aber auch nichts.
Daher kommt auch der Bundesdatenschutzbeauftragte zu der ernuechternden Einschaetzung: In den meisten Faellen ist der Widerstand zwecklos.
Quelle: http://www.golem.de/news/meldeaemter-wid...1207-92909.html